Tobias Weilandt
Wider besseres Wissen?!
Wann empfinden wir Flugscham und Konsumekel?
Der Begriff der Nachhaltigkeit wirkt hier zumeist als Spielverderber, da mit diesem Begriff nicht nur ein rationales und damit überlegtes Konsumverhalten, sondern auch Verzicht assoziiert wird. Selbst wenn bei den Konsument:innen zumindest rudimentäres Wissen darüber vorhanden ist, welche Inhaltsstoffe, Produktionsländer oder auch Marken nicht nachhaltig sind, wird weiter geshoppt, um sich z.B. für einen überstandenen stressigen Arbeitstag zu belohnen (u.a. Kompensationsshopping). Ist der damit verbundene Rausch verflogen, stellen sich mitunter moralische Verurteilungen des eigenen Verhaltens ein: “Diese Hose brauche ich doch gar nicht! Was habe ich nur wieder angestellt?” Eine solche Erkenntnis kann, wenn sie sich ständig wiederholt, zu Formen des psychischen und damit moralischen Ekels führen. Aber auch ein beobachtetes Konsumverhalten, das beispielsweise die moralischen Implikationen der Nachhaltigkeit verletzt, kann Ekelgefühle motivieren. Ähnlich verhält es sich mit dem viel diskutierten Flugscham. Trotz des Bewusstseins, wie viele Emissionen beispielsweise ein Kurzstreckenflug verursacht, erfreut er sich nach wie vor großer Beliebtheit. Konsument:innen handeln oftmals wider besseres Wissen, was wiederum zu moralischen Negativbewertungen des eigenen Handelns führen kann.
In meinem Vortrag werde ich versuchen, das seit einigen Jahren vermehrt benannte “Gefühl” der “Flugscham” zu skizzieren. Durch einen Vergleich mit dem ebenso neu aufkommenden “Konsumekel” wird so Licht in das Dunkel konsuminduzierter Emotionen gebracht. Es wird zu zeigen sein, dass sich vor allem der “Konsumekel” in unterschiedlicher Weise interpretieren und verstehen lässt. Zu nennen sind hier drei Typen: 1. Selbstekel motiviert durch Scham (z.B. Verletzung von Normen, wie nachhaltiger Konsum). 2. Als ein Gefühl der übersteigerten Langeweile (Überdruss). 3. Als Verhaltensreaktion auf ein normverletzendes Benehmen einer fremden Person (Dritte-Person-Ekel).
Vor allem das konsumindizierte Ekelgefühl als moralische Reaktion ist dabei interessant, da es in einem Spannungsverhältnis zu einem möglichen kulturellen Imperativ des Konsums steht. Denn Ekel ist als Abwehrreaktion geradezu das Gegenteil von Konsumtion.
About:
Tobias Weilandt studierte Kulturwissenschaften, Jura und Philosophie an den Universitäten Frankfurt (Oder), Malmö und Marburg. Er arbeitet vor allem zu negativen Emotionen (u.a. Scham und Ekel) und deren Ausformungen und Auswirkungen auf verschiedene Alltagspraxen.
→ www.tobias-weilandt.de
Wir danken allen Unterstützer:innen: Dieses Projekt wird finanziert von der Andrea von Braun Stiftung, der Hamburg Research Academy, der Claussen Simon Stiftung sowie der Hamburger Klimaschutzstiftung mit der Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) aus den Mitteln des #moinzukunft Hamburger Klimafonds.
Wir danken allen Unterstützer:innen: Dieses Projekt wird finanziert von der Andrea von Braun Stiftung, der Hamburg Research Academy, der Claussen Simon Stiftung sowie der Hamburger Klimaschutzstiftung mit der Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) aus den Mitteln des #moinzukunft Hamburger Klimafonds.