Angst Ekel Scheitern
Angst Ekel Scheitern
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Dr. Imke Franzmeier

Publish or Perish: Ressourcen in der Wissenschaft


Wissenschaft wird gern als Hoffnungsträgerin für Fortschritt und nachhaltige Konzepte gesehen und angefragt. Man verlässt sich auf Expert:innen. Die werden es schon wissen oder herausfinden, wie Zukunft nachhaltig und lebenswert gestaltet, wie Krisen bewältigt werden können.
 
Doch wie steht es mit der Nachhaltigkeit im Wissenschaftssystem? Wie mit dem Umgang mit personellen, institutionellen und inhaltlichen Ressourcen? 
Ein großer Treiber von Forschungsthemen und Wissenschaftskarrieren ist das Dogma „publish or perish“. Man muss Publizieren, um zu bestehen. Dafür braucht es Gelder und aussagekräftige Studien. Neu denken und aus dem Raster fallen? Ein Risiko die potenzielle Finanzierung für Ausstattung oder die eigene Stelle zu gefährden, weil Geldgeber thematisch passende und aussagekräftige Ergebnisse bevorzugen. 
Der gesicherten Finanzierung folgt der Publikationsdruck. Ist ein Studienergebnis valide, aber „nicht aussagekräftig“, also publikationswürdig genug, verschwindet es in der Schublade. So können andere Forschende darauf nicht aufbauen und Wissen, Arbeitszeit, Geld und Motivation versickern lautlos. 
 
Dies ist für die Wissenschaft ein großer Verlust an Ideen, Daten und Interpretationsmöglichkeiten. Zum anderen beeinflusst es auch den Karriereweg junger Forschender, die auf erfolgreiche Publikationen angewiesen sind. Es wird gegebenenfalls mehr Zeit in weniger gewagte Fragestellungen investiert oder ein Karriereweg außerhalb der Academia eingeschlagen („up or out“).
 
Wie kann das Wissenschaftssystem nachhaltiger mit Forschenden und ihren Ergebnissen umgehen, so dass beides als gleichwertig wertvolle Ressource geschätzt und gefördert wird? 
Die Wissenschaft täte gut daran, Expertise nicht nur nach außen weiterzugeben, um die Welt maßgeblich mitzugestalten. Sie sollte auch nach innen schauen, um einen Raum für Forschen, Lernen und Ausprobieren zu schaffen, in dem Wagnis und Scheitern Teil der Lösungsfindung sind und in dem frei und mutig Wissen für die Zukunft hervorgebracht werden kann.

 

About: 

Dr. Imke Franzmeier hat in England und Deutschland in kognitiver Neurowissenschaft promoviert. Sie ist im Wissenschaftsmanagement und als systemischer Coach für den wissenschaftlichen Nachwuchs tätig. Sie setzt sich für unterstützende Strukturen im akademischen System ein – für Wissenschaftler:innen und auf Hochschulebene.